Die Kunst des Streitens

Die Kunst des Streitens

Jeder von uns kennt es bzw. hat es schon öfters (hoffentlich nicht täglich) erlebt: Konfliktsituationen. Sei es in der Partnerschaft, Familie oder im Berufsleben. Sätze wie „Jetzt liegen die Socken schon wieder auf dem Coachtisch oder jetzt ist das Schreiben noch immer nicht fertig, sind prädestiniert für solche Situationen. In der Kommunikation zwischen Menschen entstehen häufig Anlässe für Missverständnisse, Konflikte, Streit und Zerwürfnisse. Warum ist es  aber so schwierig einfach „nur“ miteinander zu reden?

Prof. Dr. Friedmann Schulz von Thun liefert uns hierfür eine Erklärung in Form seines „Kommunikationsquadrats“. Diese zeigt, dass in ein und derselben Äußerung immer vier Botschaften gleichzeitig stecken:

  • Eine Sachaussage, also Informationen über das Faktische, was mitgeteilt oder behauptet wird
  • Eine Beziehungsaussage, eine Wertung des anderen – was ich von ihm halte und wie ich zu ihm stehe
  • Eine Selbstkundgabe, eine Offenbarung über sich selbst
  • Ein Appell, um beim Gegenüber etwas zu erreichen.

Das Urbeispiel zum Kommunikationsquadrat:

Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Auto, der Mann auf dem Beifahrersitz, die Frau fährt. Er sagt: “Du, da vorne ist grün!“

Auf der Sachebene teilt er eine Information mit, die sich überprüfen lässt. Gleichzeitig äußert er sich auf der Beziehungsebene, signalisiert womöglich Kritik am Fahrstil. Auch über sich selbst gibt er etwas preis: eventuell ist er in Eile. Und schließlich steckt in seiner Äußerung vielleicht auch der Appell, etwas schneller zu fahren, um noch bei Grün über die Ampel zu kommen.

Welche Botschaft der Mann auf allen vier Ebenen eigentlich gemeint hat, bleibt interpretationsfähig und damit anfällig für Missverständnisse.

Wer diese vier Botschaften erkannt hat und sie bewusst handhabt, dem wird es leichter fallen Missverständnisse zu vermeiden oder aufzudecken. Je stärker aber Gefühle mit im Spiel sind, desto geringer ist unsere kommunikative Kompetenz (auch bei Wissen um die vier Botschaften).

Gerade im Streit verstummen viele Menschen. Wenn die Kommunikation schwierig wird, sollte man aussprechen, was in einem gerade vorgeht – das braucht jedoch ein Gespür für einen selbst und zusätzlich den Mut, diese Gefühle dem Gegenüber zu offenbaren. Aber auch ein Rückzug oder Schweigen ist Kommunikation, auf die darin enthaltene Selbstoffenbarung oder den Appell zu reagieren – manchmal aber besser erst später. Streitende können ansonsten in einen Teufelskreis geraten. Je mehr sich der eine zurückhält, desto zudringlicher wird der andere, redet, fordert. Je mehr er aber das tut, desto einsilbiger wird der Erste, fühlt sich bedrängt. Das ist ein Prozess, der sich immerzu selbst befeuert. Hier empfiehlt es sich, dass die Betroffenen einmal bewusst ganz anders reagieren wie gewohnt.

Oft scheitert Kommunikation bereits schon auf der Sachebene. Hier ist es wichtig zu erahnen was im Kopf des anderen vor sich geht, wenn ich ihm etwas erkläre. Nachfragen kann hier sehr gut helfen:  Was möchtest du noch wissen? Ergibt das Sinn für dich? Beantwortet das deine Frage?

Gerade im Streit ist es wichtig stimmig zu sein. Dies bedeutet in Übereinstimmung mit sich selbst, mit den eigenen Gedanken und Gefühlen – kurz,  authentisch zu sein. Aber auch in Übereinstimmung mit dem zu sein, was der Situation und meiner Rolle darin angemessen ist.

Ich-Botschaften können im Konflikt unterstützen, indem sie Empathie beim anderen wecken sowie Klarheit für Bedürfnisse und Gefühle schaffen. Leider haben viele Ich-Botschaften als Regel verinnerlicht, sodass nicht mehr stimmig kommuniziert wird. Es hilft nichts, immer vor dem Satz etwas zu sagen wie „Ich spüre, dass…“. Das birgt die Gefahr, Ich-Botschaften mechanisch einzusetzen und so Gefühle zu verschleiern. Manchmal platzt Ärger eben als Du-Botschaft heraus: „Du Mistkerl.“ … wirkt doch gleich viel authentischer.

Stimmigkeit aber auch Haltung sind wichtige Bestandteile der Kommunikation. Solange man den anderen spüren lässt, dass man ihn respektiert, muss nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden. Respekt zeigt man z.B. in dem man dem anderen Raum gibt sich zu äußern wie z.B. am Ender einer Ausführung zu sagen „… oder wie siehst du das?“ und dann aktiv zu hören.

Ein stimmiger Umgang mit Konflikten kann trainiert werden. Hierfür muss man zuerst die Fähigkeit schulen, für eigene Bedürfnisse und Werte einzustehen. Z.B. durch das Schreiben eines Briefes an eine Person, der gegenüber man immer kleinlaut ist (Brief muss nicht überreicht werden!). Oder in dem man sich vorstellt, der Person gegenüber zu sitzen und ihr alles an den Kopf zu werfen was einem stört. Der Sinn solcher Übungen ist es, für die eigenen Bedürfnisse Worte zu finden.

Harmonie gilt zwar als erstrebenswerter als Streit, ob in Partnerschaft, Familien oder Arbeitsteams. Aber wer immer nur auf Frieden aus ist, ignoriert, dass die Menschen nun einmal sehr unterschiedlich sind, alle eigenwillig, individuell. Wäre es nicht so, würde nirgend wo mehr etwas Neues entstehen. Daher lohnt es sich durchaus die Kunst des Streitens zu beherrschen!

Bei Fragen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung. Einfach bitte kontaktieren!

 

Dipl.-Päd. Christian Monschein, MBA

Training Coaching Organisationsentwicklung

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